2.2.4.3. Lexikalische Interferenzen
Auch innerhalb der Lexik-Ebene sind Fehler wie im Bereich der
Grammatik schwer zu klassifizieren. Der Grund dafür ist laut Uhlisch
(1995) vor allem, dass semantische Kategorien nicht in dem Ausmaß zur
Verfügung stehen wie etwa grammatische Kategorien. Weinreich (1976)
differenziert in interlingualer lexikalischer Interferenz
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hauptsächlich zwischen Übertragungsprozessen, die
bei einfachen Wörtern zum Tragen kommen können und solchen, die
zusammengesetzte lexikalische Elemente betreffen. Dabei konstatiert er,
dass:
...ein zu entlehnendes einfaches Wort transferiert oder aber
durch Bedeutungserweiterung eines angestammten Wortes wiedergegeben werden
[kann]; eine Zusammensetzung kann in analysierter Form transferiert oder aber
als Lehnübersetzung oder hybride Zusammensetzung wiedergegeben werden. (S.
85)
Weinreich konzentriert sich bei dieser Einteilung mehr auf die
Interpretation lexikalischer Interferenzerscheinungen in die ZS. Uhlisch (1995)
unterscheidet mögliche Transferursachen auf dem Bereich lexikalischer
Interferenzerscheinungen.
Auf dem Bereich des zwischensprachlichen Transfers macht
Uhlisch drei mögliche Transferursachen ausfindig und zwar:
? Formalen Kontrastmangel. Es geht um die mögliche
Entstehung der falschen Freunde (faux amis), zu denen auch Fremdwörter
bzw. Internationalismen zählen,
? Inhaltlichen Kontrastmangel und damit Divergenzen (einem
Lexem der AS entsprechen mehrere Lexeme der ZS),
? Kontrast entweder im Sinn einer Nullstelle« oder einer
anderen Struktur in der ZS.
Auf dem Gebiet des intralingualen Transfers differenziert
Uhlisch ebenfalls:
? Formalen Kontrastmangel, der in geringer
Systematisierbarkeit in der Wortbildung oder auch in lautlicher
Ähnlichkeit sichtbar wird,
? Inhaltlichen Kontrastmangel, auf dem sogenannte Quasi-Synonyme
entstehen. Es stellt sich also heraus, dass Uhlisch die Lexik in einen
lexikalisch-semantischen Bereich und in den Wortbildungsbereich unterteilt,
dass die von ihm angeführten lexikalisch-semantischen
Übertragungsprozesse für zwei relativ ähnliche Sprachen
relevanter als für zwei unterschiedliche Sprachsysteme sind.
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Fazit
Das oben behandelte Kapitel hat sich mit der KL
beschäftigt. Seitdem die KL entstand, taucht der Begriff Interferenz in
der linguistischen Literatur auf. Zusammenfassend lässt sich feststellen,
dass die KL und die Interferenz übereinander gehen, insofern als die erste
Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Sprachen beschreibt und die zweite
die Beeinflussung eines Sprachsystems über ein anderes bezeichnet.
Außerdem helfen die Erkenntnisse der KL sicherlich bei der
Klassifizierung der Interferenzfehler auf allen sprachlichen Bereichen
(Phonetik, Grammatik, Lexik...). Es folgt grundsätzlich daraus, dass
Unterschiede zwischen der MS und der ZS nach der kontrastiven Analyse zu
Fehlern (Interferenzfehlern) und somit zu Lernschwierigkeiten führen. Wenn
hingegen zwischen der AS und der ZS in einer sprachlichen bestimmten Ebene die
Gemeinsamkeit besteht, dann liegt eine Lernerleichterung vor und damit ein
positiver Transfer.
Es fällt also eine Frage auf, ob man wirklich die
Erkenntnisse der KL bzw. Interferenzen ohne die Hilfe der Fehleranalyse
nachprüfen kann, wenn es klar etabliert wird, dass die Fehleranalyse sich
mit der Interferenzanalyse im Fremdsprachenunterricht befasst?
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KAPITEL 3: FEHLERLINGUISTIK
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