2.2.2.2. Außersprachliche Faktoren
Die außersprachlichen Faktoren sind vorhanden besonders
beim Erscheinen der zwischensprachlichen (interlingualen) Interferenzen, wobei
sie eine bedeutende Rolle spielen. Also ist es wegen ihres individuellen
Charakters festzustellen, dass außersprachliche Faktoren, die
natürlich nicht-sprachliche Gegebenheiten sind, schwierig zu ermitteln
sind und in der Praxis fast unmöglich von den linguistischen Faktoren zu
scheiden. Juhàsz (1970, S. 15) betont dabei, Ein vollständiges Bild
der Interferenz - wie überhaupt jeder parole-Erscheinung - erhält man
nur dann, wenn man die relevanten extralinguistischen Faktoren
berücksichtigt«. Das bedeutet, man spricht von
außersprachlichen Faktoren in Bezug auf beispielsweise den Erwerbskontext
und die Verwendungssituationen, auf die Einstellungen der Sprachbenutzer
gegenüber der jeweiligen Sprache oder auf individuelle Fähigkeiten
der Lernenden usw.
2.2.3. Zu Interferenzarten
Grundsächlich lassen sich Interferenzen in zwei
Großarten unterscheiden: Es sind
interlinguale und intralinguale Interferenzen.
2.2.3.1. Interlinguale Interferenzen
Interlinguale oder zwischensprachliche Interferenz (also
zwischen zwei Sprachen) bezeichnet jene Interferenz, bei der der Lernende unter
dem Einfluss des muttersprachlichen Systems nicht korrekte Strukturen in der
Zielsprache bildet. Unter
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interlinguale Interferenz versteht Klepinn (1997) eine
Beeinflussung von Elementen aus der MS auf die ZS, die ein negatives Ergebnis
herbeiführen. Uhlisch (1992, S. 4243) ist davon überzeugt, dass im
Bereich der Semantik inhaltliche Ähnlichkeit zwischen Sprachen zu
Interferenzen führt. Besonders anfällig für
Interferenzerscheinungen sind die Teilbereiche der Grammatik, die in beiden
Sprachsystemen existieren, aber nicht gleich verteilt sind. Die
zwischensprachlichen Verhältnisse zwischen L1 und L2 können mit dem
Begriff Kontrast verwechselt werden, zu dem zwei Formen zählen: Scharfer
Kontrast entsteht, wenn eine Struktur von L1 keine formelle Entsprechung in L2
findet. Unscharfer Kontrast verweist seinerseits auf die partielle
Ähnlichkeit zwischen Elementen aus L1 und L2 (Uhlisch, S. 1992). Die
Polysemie 29der L1 ruft nicht automatisch in der L2 die
entsprechende Polysemie hervor. Beispielsweise für das französische
Wort boisson hätte man im Deutschen Trank, Trunk, Getränk
oder Drink zur Verfügung. Hier sind zwei Relationen hervorzuheben:
Konvergenz und Divergenz. Es geht um die Konvergenz, wenn mehreren
Äquivalenten der Muttersprache nur ein Element in der Fremdsprache
gegenüber steht, während man von der Divergenz spricht, wenn es
für eine Struktur von L1 in L2 mehrere Entsprechungen gibt.
Bei interlingualer Interferenz differenzieren Hufeisen und
Neuner (1999, S. 26) zwischen Substitution, Über-/Unterdifferenzierung und
Über-/Unterpräsentation.
? Substitution: Eine Form der eigenen Sprache
wird für eine unbekannte der zweiten Sprache eingesetzt. z.B: dt. /s/
für engl. /0/ im folgenden Satz He thinks about it. Hier wird ein
/s/ für ein dem Deutschen unbekanntes /0/.
? Überdifferenzierung: Eine sprachliche
Differenzierung der L1 wird in der L2 fälscherweise realisiert, wo eine
solche Differenzierung redundant ist, so spricht man von
Überdifferenzierung. z.B: Nach Hause gehen/fahren ? engl.
?drive home vs go home (?'= falsche Form).
Im Deutschen wird, je nach Bewegungsart, unterschieden
zwischen gehen und fahren, während im Englischen
drive nur benutzt wird, wenn man selbst am
29 Mehrdeutigkeit eines Wortes, das mehre, aber
untereinander ähnliche Bedeutungen hat.
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Lenkrad sitzt. Mit dem Bus fahren heißt also
to go by bus und nicht ?to drive by bus.
Unterdifferenzierung hingegen liegt vor, wenn
eine sprachliche Unterscheidung der Fremdsprache aufgrund muttersprachlicher
Verhältnisse als redundant interpretiert und deshalb nicht realisiert
wird. z.B: Viele deutsche Englischlernende verwenden für dt. schwimmen
fast immer engl. swim, nur selten float und
differenzieren nicht genügend zwischen den beiden vorhandenen Formen.
? Über-/Unterpräsentation: Wenn in
der Fremdsprache bekannte und unbekannte Strukturen vorhanden sind, tendieren
die Lerner dazu, die bekannte bevorzugt zu verwenden und die unbekannte zu
vermeiden. z.B: Der Lerner benutzt stets im Englischen das Relativpronomen
The man who/I saw und vermeidet The man I saw.
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