2.2. Interferenzerscheinungen innerhalb der kontrastiven
Linguistik
Im Allgemeinen gehen die Muttersprachler beim Lernprozess
einer Fremdsprache mit Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen ihrer
Muttersprache und der Fremdsprache um. Diesen Vergleich von zwei bzw. mehreren
Sprachen nennt man, wie schon erwähnt, die kontrastive Analyse. Jedoch
kommt es unvermeidlich beim Fremdsprachenerwerb vor, dass störende
Normabweichungen meistens als inoffizielle« Lehnwörter, als
Strukturfehler oder als Mischung der Bereiche von zwei
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Sprachen auftauchen, was mit Interferenzen zu tun hat. Auf
diese Weise gehen KL und Interferenz übereinander.
2.2.1. Zu Definitionen
Angesehen als negative Beeinflussung ist der Fehler auf der
Basis der Interferenz. Deshalb ist die Begriffsbestimmung der Interferenz und
des Interferenzfehlers hier nützlich.
2.2.1.1. Interferenz vs. Transfer
Als Grund für einen fehlhaften Gerbrauch einer
Fremdsprache wird unter anderem die Beeinflussung der Muttersprache
erwähnt. Dieses Phänomen wird als Interferenz bezeichnet. Bei der
Begriffsbestimmung der Interferenz sind Sprachwissenschaftler nicht
einverstanden. Es gibt sozusagen inhaltliche Meinungsverschiedenheit. Bussmanns
Lexikon der Sprachwissenschaft (1977, S. 349) definiert die Interferenz als
Beeinflussung eines Sprachsystems durch ein anderes (a) im Individuum
(Transfer) oder (b) in der Sprachgemeinschaft (Entlehnung, Sprachkontakt). In
dieser Definition unterscheidet Bussmann zwischen zwei Bereichen, bei denen
Interferenz einerseits als Fehlerquelle und andererseits als Ursache von
Sprachwandel bezeichnet wird. Weinreich (1977, S. 5) versteht unter
Interferenz, eine generelle Abweichung von der sprachlichen Norm. Dabei spielt
es für ihn keine Rolle, ob es um Interferenz der Mutter- oder Fremdsprache
geht. Juhàsz dagegen benutzt diesen Begriff in einem engeren Sinne.
Für ihn, ist die Interferenz eine Normverletzung, die nur die Rede von der
ZS und nicht von der AS ist. Die Beeinflussung einer Fremdsprache durch
Elemente der Muttersprache - ohne die Verletzung einer Norm - wird seiner
Auffassung nach als Transfer bezeichnet. Lado (1967, S. 299) bestimmt den
Begriff Transfer als ... bewusste oder unbewusste Übernahme
muttersprachlicher Gewohnheiten in die Zielsprache«. Während hier
Transfer als Überbegriff jeglicher Art der Übertragung
muttersprachlicher Elemente auf die Fremdsprache gilt, ist Juhàsz
anderer Meinung. Er begreift den Transfer nur als jene
Übertragungsphänomene, bei
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denen ... der bewusste Vergleich oder der spontane Einfluss
des muttersprachlichen Zeichens in der Richtung wirkt, dass der
Sprachausübende nicht gegen die Norm verstößt«. Das
heißt, er versteht den Transferbegriff nur als positives Ergebnis
zwischensprachlicher Übertragung. Eine andere Auffassung dabei ist von
Wode, der keinen Unterschied hinsichtlich der Qualität der entstandenen
Interferenzen macht. In diesem Sinne besagt er, Lerner übertragen ihr
sprachliches Wissen aus zuvor gelernten Sprachen in die neue Zielsprache.
Dieser Vorgang heißt Transfer, sein Produkt Interferenz« (Wode,
1993, S. 97).
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