§ 2 - Die Ausnahme : Der spezifische Schutz der
Minderheitsaktionäre.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz stellt kein Hindernis zu einer
spezifischen Behandlung der Minderheitsaktionäre dar. Unter dem Begriff
Minderheitsaktionär« versteht man Einzelaktionäre oder gemeinsam
handelnde Aktionärsgruppen, welche eine geringe Beteiligung am
Aktienkapital einer Gesellschaft haben und denen aus diesem Grund nur wenig
Macht (insbesondere bei der Hauptversammlung) zusteht. Folglich können die
Mehrheitsaktionäre wichtige Entscheidungen auch ohne Zustimmung der
Minderheitsaktionäre treffen.
Deshalb werden durch bestimmte Richtlinien Maßnahmen
getroffen, um die Minderheitsaktionäre bei bestimmten Situationen zu
schützen. Dies ist z.B. der Fall durch die Art. 4 § 2 und 10 § 3
der Richtlinie über grenzüberschreitende
Verschmelzungen311, die zum einen die Mitgliedstaaten
ermächtigen, Vorschriften zu erlassen, um den Schutz der
Minderheitsgesellschafter, die die Verschmelzung abgelehnt haben, zu
gewährleisten und zum anderen das deutsche Spruchverfahren
berücksichtigt. Gleiches gilt für Art. 16 der Richtlinie über
Übernahmeangebote, die ein Andienungsrecht zugunsten der
Minderheitsaktionäre vorsieht.
Sektion 2 - Das Informationsrecht der Aktionäre.
Das Informationsrecht stellt ein wesentliches Recht der
Aktionäre dar, denn diese können nur sinngemäß am Leben
der Gesellschaft teilnehmen, wenn sie vorab durch eine Reihe von Informationen
über die Lage der Gesellschaft informiert wurden. Diese Information kann
regelmäßiger (§1) oder laufender Art (§ 2) sein. Sie kann
auch zum Ziel haben, die Hauptversammlung der Aktionäre vorzubereiten
(§ 3). In diesem Zusammenhang spielen zwei Richtlinien eine besondere
Rolle: Die Transparenzrichtlinie und die Aktionärsrechtrichtlinie.
311 Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von
Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedsstaaten, Amtsblatt Nr. L
310 vom 15.11.2005, S. 0001-0009.
§ 1 - Die regelmäßige Information
Im Rahmen ihrer regelmäßigen Informationspflicht
muss die Gesellschaft ihre Jahresfinanzberichte sowie ihre
Halbjahresfinanzberichte den Aktionären zur Verfügung stellen (Art. 4
und 5 der Transparenzrichtlinie). Diese Berichte enthalten den geprüften
(gegebenenfalls verkürzten) Abschluss, einen Lagebericht bzw.
Zwischenlagebericht sowie Erklärungen der verantwortlichen Personen, nach
denen die oben genannten Dokumente ein den tatsächlichen
Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögenswerte und
Verbindlichkeiten sowie der Finanz- und der Ertragslage des Emittenten und der
Gesamtheit der in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen vermittelt, und
dass der Lagebericht den Geschäftsverlauf, das Geschäftsergebnis und
die Lage der Gesamtheit der in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen so
darstellt, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes
Bild entsteht, und dass er die wesentlichen Risiken und Ungewissheiten, denen
sie ausgesetzt sind, beschreibt. Diese Dokumente müssen mindestens
fünf Jahre lang öffentlich bleiben.
§ 2 - Die laufenden Informationen
Die laufenden Informationen betreffen hauptsächlich den
Erwerb oder die Veräußerung bedeutender Beteiligungen. In diesem
Zusammenhang bilden Art. 9 und 10 die wichtigsten Bestimmungen. Art. 9 § 1
der Transparenzrichtlinie bestimmt, dass die Mitgliedsstaaten sicherstellen
müssen, dass ein Aktionär der Gesellschaft mitteilt, welchen Anteil
an den Stimmrechten des Emittenten er hält, wenn er durch Erwerb oder
Veräußerung von Aktien des Emittenten, die zum Handel an einem
geregelten Markt zugelassen sind, und an die Stimmrechte geknüpft sind,
bestimmte Schwellen erreicht, über- oder unterschreitet. Art. 10 sieht die
gleiche Verpflichtung bezüglich des Erwerbs, der Veräußerung
oder der Ausübung von Stimmrechte vor. Diese Bestimmung soll eine Umgehung
des Art. 9 vermeiden, wenn eine natürliche oder juristische Person in der
Lage wäre, einen Einfluss auf die Stimmrechte auszuüben.
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