Zweiter Abschnitt - Der Schutz der Aktionäre bei
Verschmelzungen und Spaltungen.
Unentbehrlich ist ein Schutz der Aktionäre sowohl bei
innerstaatlichen Verschmelzungen und Spaltungen (§ 1), als auch bei
grenzüberschreitenden Verschmelzungen von Gesellschaften innerhalb der EU
(§ 2).
Sektion 1 - Der Schutz der Aktionäre bei
innerstaatlichen Verschmelzungen und Spaltungen.
Der Schutz der Aktionäre gegen die Gefahren der
Umwandlungen (und insbesondere die Verwässerungsgefahr) wird bei
innerstaatlichen Verschmelzungen und Spaltungen von den Verschmelzungs- und
Spaltungsrichtlinien317 zum einen durch Informations- und
Mitwirkungsrechte (§ 1), zum anderen durch die Haftung von bestimmten
Organen (§ 2) gewährleistet.
§ 1 - Informations- und Mitwirkungsrechte der
Aktionäre.
Die Verschmelzungs- und Spaltungsrichtlinien legen einen
besonderen Wert darauf, dass die Aktionäre genügende Informationen
über das Verschmelzungs- oder Spaltungsvorhaben
317 Dritte Richtlinie 78/855/EWG des Rates vom 9. Oktober 1978
gemäß Art. 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages betreffend die
Verschmelzung von Aktiengesellschaften, Amtsblatt L 295 vom 20.10.1978, S.
0036- 0043 und Sechste Richtlinie 82/891/EWG des Rates vom 17. Dezember
1982 gemäß Art. 54 Absatz 4 Buchstabe g) des Vertrages betreffend
die Spaltung von Aktiengesellschaften, Amtsblatt L 378 vom 31.12.1982,
S. 0047- 0054.
erhalten. Die Informationsbeschaffung ist Aufgabe der
Verwaltungs- und Leitungsorgane der beteiligten Gesellschaften sowie eines
unabhängigen Sachverständigen. Zunächst müssen die
Verwaltungs- und Leitungsorgane der sich verschmelzenden (oder spaltenden)
Gesellschaften einen schriftlichen Verschmelzungs- oder Spaltungsplan
erstellen. Dieser muss eine Reihe von Informationen enthalten, unter denen das
Umtauschverhältnis der Aktien aus Sicht der Aktionäre die wichtigste
Information darstellt (Art. 5 der Dritten Richtlinie; Art. 7 der Sechsten
Richtlinie). Dieser Plan ist offen zu legen. Eine Veröffentlichung
über die Webseite der beteiligten Gesellschaften ist gemäß der
Richtlinie 2009/109/EG318 möglich. Weiterhin sind die
Verwaltungs- oder Leitungsorgane verpflichtet, einen Verschmelzungs- oder
Spaltungsbericht zu erstellen, in dem der Verschmelzungsplan und
insbesondere das Umtauschverhältnis der Aktien rechtlich und
wirtschaftlich erläutert und begründet werden« (Art. 9 der
Dritten Richtlinie; Art. 7 der Sechsten Richtlinie). Nach Art. 10 der Dritten
Richtlinie und 8 der Sechsten Richtlinie muss zudem der Plan von mindestens
einem unabhängigen Sachverständigen geprüft werden. Dieser hat
einen schriftlichen Bericht für die Aktionäre zu erstellen. Er muss
unter anderem erklären, ob das Umtauschverhältnis ihrer Ansicht nach
angemessen ist. Jedoch kann seit der Richtlinie 2007/63/EG319 von
den Berichten des Leitungsorgans und des Sachverständigen abgesehen
werden, weil alle Aktionäre und Inhaber anderer mit einem Stimmrecht
verbundener Wertpapiere aller an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften
darauf verzichtet haben«. Art. 11 der Dritten Richtlinie und 9 der
Sechsten Richtlinie gewährt jedem Aktionär der an der Verschmelzung
beteiligten Gesellschaften ein umfassendes Informationsrecht über
sämtliche oben genannten Dokumente.
Das oben beschriebene Informationsrecht der Aktionäre
soll ihnen ermöglichen, bei der Hauptversammlung, die über den
Verschmelzungsplan abzustimmen hat, eine fundierte Entscheidung zu treffen. Die
Verschmelzung oder die Spaltung bedarf laut Art. 7 der Dritten Richtlinie und
Art. 5 der Sechsten Richtlinie zumindest der Zustimmung der Hauptversammlung
jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften. Dieser Beschluss bedarf
318 Richtlinie 2009/109/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 16. September 2009 zur Änderung der Richtlinien
77/91/EWG, 78/855/EWG und 82/891 EWG des Rates sowie der Richtlinie 2005/56/EG
hinsichtlich des Berichts- und Dokumentationspflicht bei Verschmelzungen und
Spaltungen, Amtsblatt L 259 vom 2. 10. 2009, S. 0014-0021.
319 Richtlinie 2007/63/EG des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 13. November 2007 zur Änderung der Richtlinien 78/855/EWG
und 82/891/EWG des Rates hinsichtlich des Erfordernisses der Erstellung eines
Berichts durch einen unabhängigen Sachverständigen anlässlich
der Verschmelzung oder der Spaltung von Aktiengesellschaften, Amtsblatt L
300 vom 17.11.2007, S. 0047-0048.
einer Mehrheit von nicht weniger als zwei Dritteln der Stimmen
der vertretenen Wertpapiere oder des vertretenen gezeichneten Kapitals.
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