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Die Perspektiven einer neuen französischen Afrikapolitik im frankophonen Afrika südlich der Sahara

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par El-Houssein Aw
Freie Universität Berlin - Master in Political Science 2005
  

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Zusammenfassung

Ein Gespenst geht um in der Welt: die Staatsraison, die zum höchsten Gesetz der Menschen und der Nationen geworden ist.«347(*)

Quelle der Misere ist der Graben zwischen der Rhetorik und der Realität einer liberalen Weltordnung.«348(*)

Diese Arbeit problematisierte das Verhältnis zwischen ehemaligen französischen Kolonien in Afrika südlich der Sahara und dem Mutterland Frankreich. Die Untersuchung der französischen Afrikapolitik, die seit der Unabhängigkeit, gaullistisch geprägt war, kennt Hindernisse auf ihrem Weg zur Veränderung. Das von de Gaulle in den späten fünfziger und frühen sechziger Jahren entwickelte Konzept, das im Erhalt einer exklusiven afrikanischen Einflusszone eine wichtige Voraussetzung für Frankreichs internationalen `Rang' sah- und die politique de la coopération eng an die wirtschafts- und sicherheitspolitischen Interessen des französischen Staates zu binden suchte- hat in seinen Grundzügen bis in die Gegenwart überdauert. Frankreich hat es in den vergangenen Dekaden erfolgreich verstanden, kolonial erzwungene Abhängigkeiten in die asymmetrische Interdependenz `privilegierter Beziehungen' zu überführen und sich im pré-carré francophone als raumfremde Schutz- und Hegemonialmacht zu behaupten.349(*) Nach den Demütigungen des Zweiten Weltkrieges und angesichts begrenzter Macht- und Wirtschaftspotentiale bemühte Frankreich sich, als eigenständiger Machtfaktor zu behaupten.

Wenn man sich die Entwicklungen der französischen Afrikapolitik aus der Distanz und über den Zeitraum seit der Dekolonisierung bis zu den jüngsten Entwicklungen der letzten Jahren betrachtet, relativieren sich die in der Literatur dominierenden Beschreibungen einer Kontinuität seit 1960350(*) und einem drastischen Wandel der Politik seit 1990, beziehungsweise 1994. Erkennbar werden vielmehr konjunkturelle Schwankungen einer Politik, die auch in den ersten dreißig Jahren nicht völlig gleichförmig blieb. Zwar sind die Veränderungen in den neunziger Jahren weitreichender als vorherige Entwicklungen.351(*)

An dem von kolonialen Traditionen, Geheimdiplomatie und persönlichen Klientelbeziehungen geprägten Grundmuster der politique africaine hat auch die Präsidentschaft Francois Mitterands nicht Entscheidendes geändert. Unter Pompidou erlitt die Afrikapolitik einen ersten Bedeutungsverlust, der von der interssenorientierten Machtpolitik Giscards wieder ausgeglichen wurde. Die programmatischen Ankündigungen der Sozialistischen Partei, hegemoniales Anspruchs- und Prestigedenken durch ein an Menschenrechten, demokratischen Reformen und Breitenentwicklung interessiertes Afrikaengagement überwinden zu wollen, haben sich schnell in eine Realpolitik aufgelöst, in deren Mittelpunkt die traditionellen außenwirtschaftlichen und geopolitischen Interessen der Grande Nation stehen.352(*)

Mit dem Ende der Kohabitation 2002 wird aber auch eine klare Neuorientierung der Politik Chiracs zurück zu den Linien der alten gaullistischen Afrikapolitik deutlich. Diese ab 2002 Rückbesinnung auf die Grundprinzipien gaullistischer Afrikapolitik hat nicht wieder das alte Niveau gewonnen.

Frankreichs postkoloniale Subsaharapolitik präsentiert sich als komplexe, widersprüchliche und hinsichtlich ihrer Motive und Folgen umstrittene Mischung aus kolonial gewachsenen Bindungen, geopolitischen Kalkülen, ökonomischen Interessen und kulturellem Sendungsbewusstsein. Dabei steht der Wandel der realen Politik in einem auffälligen und erklärungsbedürftigen Kontrast zur Gleichtönigkeit ihrer öffentlichen Begründung.353(*)

Um die heutige Lage besser verstehen und erklären zu können, beziehe ich mich auf die Aussagen des Professors Mazruis, der allgemein den Zustand Afrikas, folgendes beschrieben und dargestellt hat :

Afrika befindet sich in einer Krise. Regierungen sind nicht mehr stabil, die Wirtschaft steht unter Druck, die Infrastrukturen zerfallen. Der Fluch der Vorfahren lastet auf dem Kontinent. Die heutige Generation der Afrikaner hat sich mit dem 20. Jahrhundert arrangiert - aber diese Vereinbarung ist grundsätzlich unehrenhaft und illoyal gegenüber den Prinzipien der ursprünglichen Authentizität.

Das Ergebnis ist eine Verwestlichung ohne Modernisierung. Afrika hat westlich-organisierte Armeen, die militärische Staatsstreiche ausführen, es hat westlich-orientierte Polizeikräfte, die nicht in der Lage sind, das Gesetz durchzusetzen, westlich-organisierte Bürokratien, die in zunehmendem Maße korrupt sind und westlich-orientierte Landwirtschaftspläne, die unzugänglich und unproduktiv sind.

Es scheint, als ob die Vorfahren sich zu einem energischen kulturellen Boykott verschworen haben. Erleben wir das Gegenteil einer Modernisierung? Hat man letzten Endes erkannt, dass der Kaiser der westlichen Zivilisation nackt ist?«354(*)

Die vor kurzem geschehenen Ereignisse355(*) in der Republik Togo, wo der verstorbene Dinosaurier Etienne Gnassingbe Eyadema 38 Jahre lang über das Land geherrscht hat, beweisen dass die im Prozess eines selbstbewussten Aufbaus Zivilgesellschaft, erlaubt es nicht mehr wie früher Befehle aus der ehemaligen Kolonialmacht durchzusetzen. Das ist ein Beweis der langsamen aber sicheren Übernahme einer vollen Verantwortung vor der Geschichte des Schwarzen Kontinents.

* 347 Ziegler, Jean: Genossen an der Macht. Von sozialistischen Idealen zur Staatsräson. Frankfurt am Main: Athenäun, 1988. S. 13.

* 348 Aussage von Rubens Ricupero.

* 349 Brüne, Stefan: Die französische Afrikapolitik. .... Baden-Baden 1995. S. 232.

* 350 1960: Unabhängigkeitsjahr der meisten ex-Kolonien Frankreich in Afrika südlich der Sahara.

* 351 Löhr, Johanna: Frankreichs Afrikapolitik- Kontinuität und Wandel seit 19990. Universität Trier, Nov.2003. S. 119.

* 352 Brüne, Stefan: Die französische Afrikapolitik. .... Baden-Baden 1995. S. 233.

* 353 Ibid: .. S. 237.

* 354 Es sind Worte des kenianischen Politikwissenschaftlers Professor Ali A. Mazrui (In: Breyer, Karl: Sterbehilfe für Afrika. Paradox Entwicklungspolitik. Arndt-Verlag, Kiel, 1987. S. 33.)

* 355 Nach dem Tod des langjährigen geblibenden Machthabers und treuen Freundes Frankreichs Eyadema am 05.02.2005, hat die togolesische Armee dessen Sohn Faure Eyadema als neuer Präsident erklärt. Die Assemblée Nationale Togolaise« hat in einer Sondersitzung das Grundgesetz geändert und den Präsidenten der Assemblée Nationale« entmachtet. Dieser sollte eigentlich nach dem Gesetz das Interim 60 Tage lang übernehmen und dann neue Wahlen organisieren. Am 25. Februar 2005 hat Faure Eyadéma seine Rücktritt angekündigt zum Wohl der togolesischen Bevölkerung und der Opposition.

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